Raumfüller 1991 Villa Croce, Genua 1750 Personenwaagen 125 x 290 x 198 cm
Waagenpyramide 1991 ELAC Espace Lyonnais d’Art Contemporain, Lyon 4807 Personenwaagen (Soehnle) 110 x 768 x 583 cm
Waagentrichter (Negativpyramide) 1999 Wolfsberg, Ermatingen 2116 Personenwaagen 60 x 550 x 385 cm
WAAGENINSTALLATIONEN
Waagendoppelpyramide 1991 Musée cantonal des Beaux-Arts, Lausanne 3710 Personenwaagen (Soehnle) 70 x 798 x 583 cm
Wartesaal 1999 Kunsthalle Bern 1999 Kunsthalle Bern 419 Personenwaagen, MDF-Platte 50 x 1280 x 30 cm
Topografie 1991 Riverside Studios, London 516 Personenwaagen (Soehnle/Art) Masse variabel
Gesamtgewicht von über 9,5 Tonnen. In Lausanne, wo zuvor dieselbe Pyramide hätte aufgebaut werden sollen, war der Mittelteil aufgrund statischer Bedenken ausgespart worden. Stattdessen entstand eine Doppelpyramide, bei der sich das Gewicht besser verteilte. Um das tatsächliche Gewicht der Pyramide in Lyon zu erfahren, hätte man sie aufbrechen und in ihr Inneres blicken müssen. Dort kumulierte die Last, wohingegen die Aussenhaut nur leicht belastet war. In London fächerte Rütimann einen weiteren Aspekt des Themas auf: Er baute nicht einen einzelnen architektonischen Körper, sondern legte mit poppigen Personenwaagen gleich eine ganze Topografie an. Rote, graue und weisse Waagen stapelte er als Stockwerke von Wolkenkratzern aufeinander, legte Strassen aus, schichtete die Waagen als geologische Platten übereinander. Stadt- und Ruinenlandschaft gingen nahtlos ineinander über. Gebaute und zufällige Elemente wechselten sich ab. Die Anordnungen funktionierten wie Kippfiguren: Eindeutigkeiten waren aufgehoben.2 In dieser Arbeit verknüpfte Rütimann das Thema der Gravitation mit seiner Beschäftigung mit Ordnung und Chaos.3
43/44 1995 Galerie Rizzo, Paris Installation mit 43 Waagenketten und einer hängenden Waagenskulptur (1, 2, 4, 8...), insgesamt 557 Federzugwaagen
Waagenpyramide 2008 Kunstmuseum Bonn
1 Max Wechsler, in: Parkett 1996, S. 145
2 Stephan Berg: «Die Schönheit der Unordnung. Zu den Arbeiten Christoph
Rütimanns», in: Freiburg 1991, S. 17
3 Siehe Die grosse und Die endlose Linie (Zürich / Perugia), S. 102
© 2013 Christoph Rütimann
© 2013 Christoph Rütimann
Am Anfang der Beschäftigung mit Druck, Gewicht, Lasten und Zug stand eine prägende persönliche Erfahrung: Christoph Rütimann sass in London, in einem Pub an der Themse. Der Wasserpegel erreichte fast das Niveau des Gehsteigs davor. Wer die Toilette im Untergeschoss aufsuchte, musste sich praktisch unter die Themse begeben. Dort unten überkam den Künstler ein Gefühl des Überdrucks. Er war sich der Wassermassen und ihrer elementaren Kraft spürbar bewusst. Und er stellte sich die Welt aus Waagen gebaut vor, auf denen jederzeit ablesbar wäre, welche Last den Dingen aufgebürdet ist, welche Kräfte auf sie wirken oder wie die Statik eines Hauses funktioniert. Der Künstler begann, Waagen zu Skulpturen aufeinanderzustapeln, sie zu Architekturen aufzuschichten. Als erste Arbeiten entstanden Waagensäulen und die Waagentreppe, L’escalier de la princesse. Es folgten Pyramide, Doppel- und Negativpyramide, Quader, Raumfüller und Bank. In ihrer Schlichtheit und Strenge erinnern sie an Skulpturen der Minimal Art. Zu diesem Eindruck tragen auch die präzise Ausrichtung im Raum und die reduzierte Farbgebung bei. Doch so unverrückbar diese Körper auch wirken, der Schein trügt. Denn gerade die Waage hat eine «denkbar schlechte statische Qualität».1 Der Grund liegt in ihrer eigenen Empfindlichkeit. Sie hört nicht auf zu wägen, ist einer steten Schwingung unterworfen. Rütimann erschafft, wie er sagt, «lebende Skulpturen», denn sie zeigen jede Mehrlast an, vermelden jede Berührung. Unmittelbar erlebbar wurde dies für die Ausstellungsbesucher auf der Waagenbank, mit der Rütimann das Foyer der Kunsthalle Bern in den Wartesaal 1999 umwandelte. Setzte man sich, gaben die Waagen leicht nach. Die Zeiger rasselten leise, bis sie sich ein paar Ziffern weiter neu eingependelt hatten. Das Gewicht verteilte sich auf viele Waagen. Seine grösste Waagenarbeit verwirklichte Rütimann 1991 in Lyon. 4807 Waagen wurden in der Mitte des Ausstellungsraumes zur Waagenpyramide aufgeschichtet – eine schwabbelige Angelegenheit, wenn Waagen als Bausteine dienen. Ging man um die Pyramide herum, konnte man eine erstaunliche Entdeckung machen: Die Zeiger waren bei etwas über Null stehengeblieben, als handelte es sich um einen schwerelosen Körper. Sie gaben keinerlei Aufschluss über das Riesengewicht, das in dieser Pyramide steckte. Rechnete man nach, so kam man bei einem Gewicht von 2 Kilogramm pro Waage auf ein